In erster Linie lernen Hunde durch Assoziation, das heißt, sie verknüpfen zwei Ereignisse, die zeitgleich stattfinden. Also "Sitz", Leckerli - verstanden. Was nicht funktioniert, ist "Sitz", in
der Tasche kramen, später suchen, endlich finden, Leckerli. Diese Zeitspanne ist einfach zu lang. In der Wissenschaft spricht man von eineinhalb bis zwei Sekunden, in denen die Belohnung
stattfinden muss, andernfalls verknüpft der Hund das Leckerli mit einem anderen Ereignis. Dann belohnen wir unter Umständen das klingelnde Fahrrad, das weinende Kind oder den Bus, der gerade
vorbeifährt ... nicht aber das "Sitz", das wir bestärken wollten. Wissenschaftlich betrachtet gibt es zwei Wege des Lernens: die klassische und die operante Konditionierung. Aber auch das Lernen
durch Nachahmung darf nicht vergessen werden.
Die klassische Konditionierung: Wir erinnern uns sicher alle an Iwan Pawlows Lerntheorie, die besagt, dass ein neutraler Reiz (Glocke), der mit einem unbedingten Reiz (Futter) zum
bedingten Reiz wird, Bedeutung erhält und schließlich zur bedingten Reaktion (Speichelfluss) führt. Also das Wort "Sitz" hat solange keine Bedeutung, bis es so oft mit Futter bestätigt wird, dass
die bedingte Reaktion (Hinsetzen) erfolgt.
Ähnlich ist es mit dem Clicker, den ich gerne für das Lernen heranziehe: Der Klang vom Clicker hat ursprünglich keine Bedeutung, bis er mit Futter verknüpft wird. In Folge kündigt der Clicker
zuverlässig ein freudiges Ereignis (Futter) an, obwohl es noch dauert, bis gefüttert wird. Mit dieser Methode - sagen Forscher - können wir bis zu acht Sekunden Zeit gewinnen, ehe wir füttern und
können trotzdem eine Handlung punktgenau bestätigen.
Die operante Konditionierung hingegen ist kurz gesagt das Lernen durch Versuch und Irrtum. Also an Erfolg oder Misserfolg. Hierzu etablierte Burrhus Frederic Skinner die so genannte
"Skinner-Box", in der Ratten am Erfolg lernen konnten, einen Hebel zu betätigen, der Futter spendete. Erst wurde Futter gezeigt und der Mechanismus zufällig betätigt, dann kamen die Ratten
zufällig in die Nähe des Hebels und es wurde gefüttert, bis schließlich das Futter entfernt wurde und nur noch die Belohnung kam, wenn der Hebel korrekt betätigt wurde. Also in unserem Fall: Der
Hund setzt sich zufällig und wird belohnt. Der Hund liegt, setzt sich auf und wird belohnt. Irgendwann wird ihm klar, dass die Handlung des Setzens erfolgversprechend ist und er wird sich setzen,
um die Belohnung zu bekommen.
Dieses schrittweise Erreichen einer Handlung wird auch als Shaping bezeichnet. Beispiel: Wir wollen, dass der Hund mit den Pfoten ein Target berührt. Erst ist das Target groß und ein bloßes
Hinschauen wird bestätigt, später kommt ein Befehl dazu, der Hund wird er sich in die Nähe des Targets begeben, dann daraufsteigen. In der Folge wird unser Target immer kleiner, bis irgendwann
der Befehl genügt und der Hund die Pfote auf das Target stellt. Das lässt sich noch verfeinern, wenn wir wollen, dass beide Pfoten darauf zu stehen kommen.
Nun gibt es noch andere Lerntheorien, derer wir in der Hundeausbildung bedienen: Etwa der Umstand, dass mittlere Appetenz das Lernverhalten fördert. Als Appetenz bezeichnet man den
lustvollen Drang zur Endhandlung. Wenn wir eine korrekte Fußarbeit lernen wollen und dem Hund dabei ein beliebtes Spielzeug zeigen, dann kann das die Methode der Wahl sein, der Hund wird
aufmerksam sein und schön mitgehen, um danach seine Beute zu bekommen. Ist der Drang nach dem Spielzeug aber zu groß, wird er so freudig hüpfen, um das Spielzeug zu erlangen, dass an ruhige,
saubere Fußarbeit nicht zu denken ist. Wir müssen uns also ein Motivationsobjekt suchen, das in seinem Wert hoch einzustufen ist, aber nicht so hoch, dass der Hund unansprechbar wird.
Auch der Umstand, dass Erst- und Letztgelerntes sich am besten einprägen, wird in der Hundeausbildung gern herangezogen: Am Anfang der Trainingseinheit zeigen wir etwas Neues, in der Mitte
wiederholen wir bereits erlernte Übungen, die schon ganz gut funktionieren, um am Ende das Neue noch einmal zu wiederholen. Dann kommt der Hund ins Auto und darf sich ausruhen. Das Schlafen nach
dem Training ist enorm wichtig, da erst dann Vorgänge im Gehirn stattfinden, die sicherstellen, dass Informationen aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis verschoben werden.
Und schließlich hat es sich bewährt, das zu Erlernende in möglichst kleine Einzelteile zu zerlegen. Als Beispiel hierfür ziehe ich gerne das Bringen heran: Es besteht aus einer
Grundstellung, ruhigem Warten, dem Hinlaufen zum Apportel, dem Aufnehmen des Apportels, dem Umkehren, dem Einparken in die Grundstellung oder aber dem Vorsitzen und dem ruhigen Präsentieren.
Viele Schritte, die der Hund nicht zusammenhängend, sondern separat lernen sollte und erst wenn alle gut sitzen, wird die Verhaltenskette am Stück verlangt. Es hat sich bewährt, bei einer
Verhaltenskette immer von hinten nach vorne zu arbeiten: Es wird also das ruhige Sitzen und Präsentieren als erster Schritt gelernt.
Und nun noch ein Wort zum Intervall der Belohnung: In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Lernpyramide, die in vier Etagen aufgebaut ist. Der Sockel ist die andauernde Bestätigung,
wenn jedes richtige Verhalten belohnt wird. In der zweiten Etage folgt die variable Bestätigung, wenn nur mehr jede dritte richtige Handlung belohnt wird, auf Stufe drei findet sich die
intermittierende Bestätigung, wenn jedes fünfte Mal bis hin zu einem unregelmäßigen Intervall belohnt wird und die Spitze ist die so genannte Lernfixierung durch Konflikte, wenn Gelerntes an
neuen Orten oder unter neuen Umständen - unter erschwerten Bedingungen also - abgefragt wird. Unser Trainingsrhythmus sollte sich irgendwo zwischen Stufe 3 und 4 befinden, um in weiterer Folge
Prüfungen ablegen zu können, die dann gänzlich ohne Belohnung verlaufen. In diesem Sinne viel Freude beim Training!
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