Wenn es doch nur so einfach wäre: Ein paar Tricks, ein paar Kniffe, ein paar Mal die richtigen Knöpfe drücken - und der Hund hat eine neue Übung erlernt! Aber so funktioniert es leider in der
Wirklichkeit nicht. Sehen wir uns das Lernverhalten von Hunden einmal näher an, denn es gibt zwar massenweise Bücher und wissenschaftliche Arbeiten darüber, aber das meiste davon ist schwer zu
begreifen: Zunächst müssen wir wissen, dass wir erwünschtes Verhalten belohnen müssen und unerwünschtes Verhalten korrigieren. Das, was dem Hund Lob, Begeisterung oder Belohnung
eingebracht hat, wird er häufiger zeigen, das was ihm nichts gebracht hat, wird allmählich nicht mehr gezeigt.
Ich bin ein Fan der Theorie des "fehlerfreien Lernens" - also der Hund wird so umsichtig an neue Übungen herangeführt, dass er keine Fehler dabei machen kann. Das Gegenteil
("Korrekturlernen") wäre: Der Hund macht etwas falsch, wir zeigen ihm, was wir tatsächlich von ihm wollen und geben ihm die Chance, es danach richtig zu machen. Kommt in der Praxis am häufigsten
vor, hat aber eine Fehlerquelle von immerhin 20%, wohingegen das fehlerfreie Lernen in der Theorie eine Fehlerquelle von 0% hätte.
Beispiel: Der Hund soll auf Distanz liegen bleiben und das über einen Zeitraum von einigen Minuten. Ich kann nun entweder die Zeit ausdehnen, dann muss ich aber nahe beim Hund stehen bleiben oder
ich dehne die Distanz aus, dann muss ich aber sofort wieder zurückkommen und das ruhige Liegen bestätigen. Es ist immer die Frage, wie gut man seinen Hund einschätzen kann, ob man damit
erfolgreich ist oder nicht. Steht der Hund nur einmal auf und läuft von seinem zugewiesenen Platz weg, hat er bereits die Lernerfahrung gemacht, dass es möglich ist, aufzustehen.
Ich hatte ein großartiges Erlebnis mit einem meiner Hunde bei einer Prüfung: Wir waren bei der Übung "Ablegen", der Hund lag, ich ging einige Schritte weit weg. Währenddessen zeigte der
andere Hund am Trainingsplatz seine Unterordnung - oder hätte sie zeigen sollen, denn er lief davon und verließ nicht nur den Platz, sondern gleich das ganze Gelände! Da stand ich nun und die
Minuten schienen endlos. Die Hundeführerin war weg, die Prüfungsleiterin war weg, ich glaube sogar, dass der Richter weg war - jedenfalls hörte ich niemanden mehr, ich stand ja mit dem Rücken zum
Eingang. Es war mucksmäuschenstill! Statt der geforderten sechs, sieben Minuten lag mein Hund fast 12 Minuten regungslos auf seinem zugewiesenen Platz und wartete seelenruhig. Bis alle
wiederkamen. Ich war mächtig stolz und bin es bis heute, denn ich hatte im Sinne des fehlerfreien Lernens die Lernschritte meines Hundes so klein und bewältigbar gestaltet, dass das Aufstehen gar
keine Option für ihn war.
Diese ruhige, konzentrierte Arbeit in der Nähe belohne ich in der Praxis mit Futter, wohingegen ich schnelle Übungen auf Distanz mit dem Spielzeug bestätige. Also für kleine, enge
Wendungen, exakte Fußarbeit, Liegen etc. gibt es Futter, für ein schnelles Abstoppen beim Hereinrufen, ein schnelles Steh aus der Bewegung oder ein schnelles Platz aus der Bewegung gibt es bei
mir Spielzeug, also Beute. Wichtig ist, den optimalen Motivationspegel zu finden, denn maximale Motivation - also wenn der Hund ganz irre vor Freude auf sein Motivationsobjekt ist - ist nicht
gleich optimale Motivation - also wenn der Hund freudig erregt, aber ansprechbar und lernbereit ist.
Beim nächsten Mal widmen wir uns den Arten des Lernens und den Lerntheorien - und das ebenfalls auf verständliche Art und Weise :-)
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